Der Rübezahl-Wanderführer für aktive Wanderer im polnischen Riesengebirge...

Das Nemo-Zentrum für Wanderer und Naturfreunde - Miedzylesie / Kolonie Ramberg
Riesengebirge/Isergebirge, Niederschlesien, Polen

Erlebe die Sagen und Legenden des Isergebirges
in und um die Sagenhalle am Hexenberg

Die Geschichte des Berggeistes Rübezahl und der Hexe Aga
Die Isergebirger Laborantenschule für Hexen und Zauberer
nach der Anleitung von Aga

Einleitung
In der Nähe des Reichs von Rübenzahl im Riesengebirge liegt das Isergebirge. In diesem Land sind die Sagen und Legenden am Leben geblieben und haben deutliche Spuren in der Landschaft hinterlassen. Hier geht es nicht um Märchen, sondern um jahrhundertealte Sagen und Legenden die an langen Winterabenden oder im Sommer rund ums Lagerfeuer erzählt werden.

Die Legenden haben überlebt weil dieser Flecken Erde mitsamt seiner Bewohner von der Geschichte vergessen wurde. Die Zeit steht still in diesem Niemandsland, wo jeder seine eigene Geschichte finden und erzählen kann.

Jahrhundertelang bestand das Gebiet nahe der Grenze aus riesigen unzugänglichen Urwäldern. Doch schon im Mittelalter wohnten hier Menschen. In alten Büchern stehen Geschichten über die Piastenburg Stara Kamienica, das ursprünglich keltische Heiligtum der Wolfgangskapelle mit dem heiligen Brunnen, über die magischen Mauern von Kopaniec, die verzauberten Felsen (Eulenstein, Biberstein, Teufelsstein) und natürlich den Hexenberg (Ramberg), wo es noch heute spukt.

Zwischen Chromiec und Kopaniec am Fuße des Hexenbergs liegt die alte Mühle von Miedzylesie (früher Ramberg). Hier entstanden vielen Legenden des Isergebirges. Darum hat die niederländisch-polnische Stiftung Nemo an dieser Stelle die Sagenhalle des Isergebirges gebaut, in dem die Sagen und Legenden des Isergebirges gesammelt, weitergegeben und dargestellt werden. Die Sagen und Legenden sind eine fantastische Möglichkeit um die Landschaft, die Geschichte und die Menschen besser kennen zu lernen. Durch die Legenden entsteht eine höhere Wertschätzung der Natur, der Geschichte und der Kultur dieses besonderen Fleckens Erde und der hier wohnenden und arbeitenden Menschen. So kann man auch den magische Charakter dieser Gegend erhalten.

Hintergründe
Das Gebiet des polnischen Isergebirges westlich des Riesengebirges ist ein wirkliches Niemandsland; ein weißer Fleck im Herzen Europas. Es gehörte seit dem frühen Mittelalter mal zu Polen, mal zu Böhmen, Österreich oder Preußen und bis 1945 war es das deutsche Niederschlesien. Nach dem Krieg wurden die Deutschen vertrieben und die Polnische Vertriebenen aus dem damaligen Ost-Polen (der heutigen Ukraine) ließen sich hier nieder. Durch das massenhafte Waldsterben, eine Folge der großen Umweltverschmutzung in der kommunistischen Zeit, wurde das Gebiet auch das "schwarze Dreieck" genannt. Nun wird diese von Alters her landwirtschaftlich geprägte Gegend durch Armut, Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung und Verwaldung bedroht. Das Gebiet ist nicht allein das Opfer von Krieg und Kommunismus, sondern auch der neuen Wirtschaftspolitik der EU, die das schafft, was früher nie gelang: die Zerstörung der lokalen Ökonomie und damit des Selbstrespekts der Menschen und derWertschätzung für die lebendige Landschaft und der monumentalen Dörfer. Die Tragik der Geschichte ist in der Landschaft gut zu sehen und lässt sich in ihr erfahren. In West-Europa werden die meisten Spuren der Geschichte entfernt oder in Museen aufbewahrt. Beim Isergebirge in Niederschlesien liegen die Spuren der Vergangenheit noch deutlich sichtbar an der Oberfläche. Genauso wie die zahlreichen Mineralien scheinen die Spuren der Vergangenheit sich in den wunderlichsten Formen zu kristallisieren. Durch den Eisernen Vorhang war dieses Gebiet lange Zeit von der Welt abgeschlossen und hat die Zeit verschiedene Formen und Dimensionen angenommen. Ein Wanderer wird in diesem Niemandsland zu einem Zeitreisenden in einer mythischen Landschaft. Beim Wandern entdeckt er die jahrhundertealten Sagen und Legenden und seine eigene (Lebens)Geschichte. Durch das Beleben der alten und neuen Geschichten kann wieder Respekt und Wertschätzung für diese besonderen Flecken Erde inmitten Europas entstehen. Nicht nur bei den Dörflern, sondern auch bei den Nachbarn auf der anderen Seite der Grenze, den Touristen und Gästen aus dem Ausland. Das ist zumindest das Ziel von Nemo in diesem Teil Polens.

Wo die Geschichten herkommen
Am Fuße des Hexenbergs unter einer jahrhundertealten Linde haben wir letztes Jahr einen alten Brunnen ausgegraben. Erst fanden wir viele Medizinfläschchen und Tierschädel. Darunter fanden wir alte Gebrauchsgegenstände, Hausrat und Abfall aus früherer Zeit. Als wir weiter gruben stießen wir auf seltsame Gegenstände: Steine mit farbigen Kristallen, Glasperlen und nicht identifizierbare Münzen. Der Brunnen schien voll zu sein mit Geschichten und Rätsel.

Wir wollten mehr über die Geschichte unseres Grundes wissen und nach langer Suche fanden wir einen alten Mann, der früher in unserem Dorf wohnte. Er erzählte, dass es laut seinem Großvater früher auf unserm Berg spukte und es da oben unterirdische Gänge gebe. Er zeigte uns ein altes Buch, welches er von seinem Großvater bekommen hatte. Es war ein Buch voll mit unbekannten Geschichten über Rübezahl und Hexen und einer Karte der Umgebung mit unbekannten Namen und Zeichen. Das Buch und die Karte enthielten einen Schatz an Gegebenheiten die ganz anders waren als die Geschichten über Rübezahl, die wir kannten. Aber auch in unserem Dorf fanden wir polnische Menschen, die Geschichten aus ihrer Jugend im Dorf erzählten und auch sie sprachen von Erscheinungen bei unserem Berg. Scheinbar wachsen dort besondere Pilze, die von den Frauen des Dorfs gefsammelt werden. Außerdem erzählten sie, dass es auf dem Hexenberg oft unwetterte und blitzte und der Schnee dort besonders lange liegen bliebe. Wir kennen nun so viele Sagen dass wir eine Sagenhalle bauen wollen, um die Sagen und Legenden zu sammeln und zu erzählen und natürlich um zu wandern. Denn die Sagen und Legenden gehören zu dem Platz wo sie entstanden. Wir werden die Geschichten nicht nur erzählen, sondern auch darstellen und zu neuem Leben erwecken. Der ausgegrabene Brunnen, mit dem alles begann, haben wir den Sagenbrunnen genannt. Die Geschichten sprudeln von selbst hervor.

Die Geschichte des Berggeistes Rübezahl und der Hexe Aga

Vor langer Zeit lebte in der Nähe des Riesengebirges in einer alten Burg, die Stara Kamienica hieß, der Herzog von Schlesien, Boleslav III, der auch König von Polen war. Er stammte aus der Familie der Piasten, der ersten Könige von Polen und Besitzer des Riesengebirges und allem Land darum hin. Die Piasten gelang es, alle Stämme Polens zu einem starken Staat von der ungefähren Größe des heutigen Polens zu vereinigen. Seine jüngste Tochter hieß Aga. Sie kümmerte sich nicht um all die Kriege die ihrer Brüder Wladislaw, Boleslaw und Mieszko um die Macht in Polen führten. Sie fühlte sich viel mehr durch die geheimnisvolle Natur des Isergebirges angezogen. In dieser Zeit war das Riesengebirge noch ein undurchdringbarer Urwald, den niemand zu betreten wagte. Man erzählte, dass dort ein Berggeist (im Polnisch Duch Gór) lebe. Niemand der die Berge betreten hatte kam wieder zurück. Manchmal erschien der Geist als ein plötzlich aufziehender Nebel, ein Unwetterschauer oder ein Schneesturm. Oder als ein alter Mann mit einem langen Bart und einem Stock, der sich als Helfer für verlorene Wanderer ausgab. Aber in Wirklichkeit brachte er die Wanderer in dunkle Grotten tief in den Bergen, wo sie ihr ganzes Leben lang Steine hacken mussten. Denn unter der Erde hatte der Berggeist ein großes Reich mit langgestreckten Gängen. Am tiefsten Punkt der Grotten war eine Quelle aus der kochendes Wasser strömte; das war die Quelle des lebendigen Wassers, dem die Berggeist seine Zauberkraft und seine Unsterblichkeit zu danken hatte. Der Geist hatte noch keinen Namen. Jeder hatte fürchterliche Angst vor ihm.

Aber der Berggeist fühlte sich sehr einsam. Er war eifersüchtig auf die Menschen, die beim Isergebirge und rund Stara Kamienica prächtige Häuser, Wassermühlen und Bauernhöfe gebaut hatten. Eigentlich wollte er genauso leben wie die Menschen und wünschte sich eine Frau, die ihm das Menschengefühl geben könnte. Und da er ein Geist mit Zauberkräften war verwandelte er sich in einen schönen Ritter und entführte die junge Herzogin Aga aus Stara Kamienica, die gerade beim Ramberg Pilze sammelte.

Der Ramberg war ein hoher Hügel im Isergebirge, in der Mitte zwischen Stara Kamienica und dem Riesengebirge. Hier wuchsen die meisten Pilze. Der Berggeist baute extra für Aga eine große Burg, die Chojnik oder Kynast, eine prächtiges Gemäuer am Fuße des Riesengebirges. Der Berggeist lehrte ihr alle Geheimnisse der Berge: Die Sprache der Tiere und Kräuter und alles über die Geister des Feuers, der Steine, der Winde und des Wassers. Auch ließ die Berggeist sie aus dem Brunnen des lebendigen Wassers trinken. Und Aga zeigte dem Berggeist, wie man einen Garten anlegte und Getreide und Gemüse anbaute, vorallem Rüben. Sie lehrte ihm, wie man aus Wolle Garn sponn und wie man Kleider webte, wie man sprach und wie man lachte, kurz wie die Menschen lebten. Jeden Tag sang Aga für den Berggeist, denn sie hatte eine wunderschöne Stimme. Der Berggeist bekam dadurch jeden Tag menschlichere Züge.

Vom Turm der Burg Kynast konnte Aga dieDörfer ihres Vaters sehen. Sie hatte großes Heimweh und hatte noch stets Angst vor dem plumpen Berggeist. Der Berggeist war jetzt so vermenschlicht, dass er Aga heiraten wollte. Aber sie lehnte ab, nicht nur einmal, sondern sechsmal. Beim siebten Mal konnte sie sich nicht weigern und sagte, dass sie den Berggeist heiraten würde, aber erst müsste er alle Rüben auf dem Feld zählen. Das war eine List um mehr Zeit zu gewinnen. Der Berggeist war überglücklich und begann Tag und Nacht den Rüben zu zählen. Seitdem heißt er Rübezahl (Rübenzähler, auf Polnisch Licerzepa). In der Zwischenzeit flüchtete Aga aus der Burg Kynast, zurück zur Burg ihrer Eltern. Aber dort wohnten nun andere Menschen. Die Zeit bei den Geisten läuft nunmal anders als bei den Menschen. Ihre Familie war schon seit Jahrhunderten tot. In der Burg lebten nun die Gräfe von Schaffgotsch. Erst hatten sie das ganze Land von den polnischen Königen geliehen und nun waren sie die Besitzer des ganzen Landes. Sie hatten viele Bauern aus dem Ausland ins Land geholt und nicht nur Bauern sondern auch Weber und Glasbläser. Das war in der Zeit in welcher Polen in kleine Grafschaften und Herzogtümer aufgeteilt wurde, die sich alle nicht mehr gut verteidigen konnten. Niederschlesien wurde von dem König Böhmens erobert, aber die Grafen von Schaffgotsch blieben die Besitzer des ganzen Riesengebirges. In dieser Zeit wurde das Riesengebirge immer mehr urbar gemacht.

Durch seine Liebe zu Aga war Rübenzahl so vermenschlicht worden, dass er viel seiner magischen Kraft verloren hatte. Die Menschen konnten deshalb ohne Probleme den Urwald abholzen und sie pflanzten Nadelbäume, die sie für ihre Häuser und Fabriken, Glasöfen und als Brennholz nötig hatten. Als Rübezahl merkte, dass Aga ihn verlassen hatte schmiss er gewaltige Felsblöcke auf Stara Kamienica. Deshalb sind noch heute überall große Felsen zu sehen. Er hasste die Menschen, die ihn an der Nase herumgeführt hatten. An der Grenze seines Reiches, bei Kopaniec bzw Seifershau, baute er eine enorme Mauer um die Menschen weg zu halten. Diese Mauer kann man dort heute noch sehen. Auch ließ er es oft schneien, regnen und stürmen. Rübezahls Launen kostete vielen Menschen in den Bergen das Leben. Nur Kinder und Kräuterfrauen verschonte er und half ihnen, denn sie fügten den Bergen keinen Schaden zu und sorgten gut für die Pflanzen und Tiere. Rübezahl erschien den Kindern als ein freundlicher alter Mann mit Bart, eine Art Opa, der Geschichten erzählte und geheime Stellen im Wald zeigte. Und die Kräuterfrauen führte er zu den besten Stellen um heilkräftige Kräuter zu finden. Für alle anderen Menschen war Rübezahl ein schrecklicher Teufel und Quälgeist.

Nachdem Aga vor Rübezahl geflohen war wohnte sie auf ihrem geliebten Ramberg (jetzt Miedzylesie), zwischen Chromiec (Ludwigsdorf) und Kopaniec (Seifershau), an der Stelle, wo Rübezahl sie entführte. Die Menschen sagen, dass der Ort Ramberg heißt weil Rübezahl aus Wut ein Erdbeben verursachte, indem er Felsen in die Erde rammteNoch heute kann man dort überall die Felsen liegen sehen. Aga fühlte sich hier zuhause, weil sie auf dem Ramberg die Urkräfte des Natur fühlte, die in den Bergen fast schon verschwunden waren. Dadurch dass sie vom lebendigen Wasser getrunken hatte hatte sie nicht nur Zauberkräfte bekommen und wurde zu dem, was wir heute eine Hexe nennen, sondern hatte sie auch ein unterbewusstes und unstillbares Verlangen nach dem Berggeist Rübezahl, in den sie ohne es zu wissen schrecklich verliebt war. Echte Zauberkraft entsteht immer aus Liebe und Verlangen. Schwarze Magie entsteht aus umgekehrter Liebe: aus Hass.

Aga grub tiefe Brunnen am Fuße des Rambergs und das Wasser, welches aus den Brunnen hervorquellte, war heilendes Wasser. Von überall kamen die Menschen um das Wasser zu holen und zu trinken. Es kamen so viele Menschen, dass Aga eine Herberge und eine Gaststätte am Bach baute: Die Rambergschenke. Diese Gebäude besteht noch immer und war bis 1946 eine Herberge. Einer der Brunnen war so tief, dass er in Rübezahls unterirdischem Reich endete. Aga erzählte ihre Geschichten und lehrte ihr Wissen immer an diesem Brunnen, alsob die Geschichten und das Wissen aus diesem Brunnen hervorsprudelten. Als Aga flüchten musste, schmiss sie all ihre geheimen Bücher und Gegenstände in diesen Brunnen. Und es war dieser Brunnen, den wir letztes Jahr ausgegraben haben und wo wir die Sagenhalle gebaut haben.

Auch baute Aga an der Kreuzung der Hauptwege, die dort früher liefen, eine Furt, eine Wassermühle und einen Mühlbach, denn sie musste ihr Getreide mahlen um Brot backen zu können. Um die Mühlen wurden fünf kleine Bauernhöfe gebaut, mit Äckern für Getreide und Kartoffeln und Weiden für die Kühe. Davon ist noch ein kleiner Bauernhof und eine steinerne Scheune erhalten. Sie backte riesige, herrliche Brote (die Nachbarin in Mala Kamienicas backt sie noch nach dem gleichen Rezept). Das Mühlrad wurde das Symbol von Ramberg, als Rad des Lebens und Rad des Abenteuers. Die Gäste konnten ihren Blick davon nicht abwenden und starrten immerfort auf das Rad. Dabei bekamen sie ein unbekanntes und eigenartiges Gefühl von Ewigkeit und Aufsässigkeit. Leider ist das Mühlrad nun verschwunden, aber der Mühlbach und das Mühlhaus stehen noch. Hinter dem Haus liegt noch der Mühlstein. Die Stelle, an der das Mühlenrad war, ist heute nur noch eine Ruine, aber wir möchten die Mühlen gerne wieder aufbauen und den zugeschütteten Bach wieder freigraben.

Unter dem Ramberg war eine große Höhle, die zum unterirdischen Reich Rübezahls gehörte. Jeden Freitag abend ging Aga nachts auf dem Ramberg singen. Oben auf dem Berg war ein steinerne Ring. Früher war hier der Eingang zu einem langen Tunnel. Rübezahl saß dann in seiner unterirdischen Höhle und lauschte den Liedern und musste leise weinen vor Verlangen und summte mit. Noch stets wartete Rübezahl in der Höhle am Ende des Tunnels und durch Agas Lieder bekam er die große Sehnsucht, als Mensch geboren zu werden. Mit seiner Zauberkraft kann er Felsen bewegen und es stürmen und gewittern lassen, aber sich in einen Menschen kann er sich (noch) nicht verwandeln. Dafür braucht er die Liebe von Aga, die ihm den Tunnel in die Menschenwelt öffnen kann. Noch immer kann man den zarten Gesang von Aga hören womit sie Rübezahl lockt und den Tunnel, der aus Unterwelt in die Menschenwelt führt, öffnen will. Und noch immer klingt jeden Freitagabend (dem Beginn des Hexensabbats) das Schluchzen und Summen Rübezahls aus dem Ramberg. Es scheint als wäre der ganze Ramberg ein lebendes Musikinstrument, in dem die alten Geräusche hängen geblieben sind, zumindest wenn man gut lauschen kann. Vorallem wenn man nach den alten Bäumen auf dem Berg lauscht, denn diese haben die tiefsten Wurzeln. Im Gesang bleiben Aga und Rübezahl verbunden. Beide sind sie unglücklich, außer wenn sie zusammen singen.

Dadurch dass Aga vom Berggeist die Geheimnisse der Urnatur gelernt hatte, hatte sie auch magische Krätfe und wurde von den Menschen im Dorf als Hexe angesehen. Darum wird der Berg nicht nur Ramberg, sondern auch Hexenberg genannt. Aber in Wirklichkeit war sie eine weise Frau, die die Geheimnisse der Natur kannte. Sie weihte die Frauen und Männer der Umgebung in die Geheimnisse der Natur ein. Sie lehrte ihnen Zaubersprüche und geheime Rezepte. Sie heilte Menschen und Tiere von den verschiedensten Qualen. In dieser Zeit wurde die Heilkunde durch Frauen als Hexerei betrachtet, da die Frauen die Kräfte der Natur benutzten und nicht (wie heute) chemische Mittel in Pillen und Pudern. Darum wurde der Hexenberg schon früh ein Zentrum für Hexerei und Zauberkunst. Nicht die schwarzen Künste, sondern jene, die die Menschen besser, weiser oder glücklicher machen wollten. Natürlich kamen hin und wieder auch Hexen und Zauberer, die Schwarze Magie gebrauchen wollten. Sie probierten sogar einmal, die Macht zu übernehmen. Das wäre ihnen sogar beinahe gelungen... (aber das ist eine andere Geschichte und die wird das nächste Mal erzählt). Während Aga auf dem Hexenberg wohnte, gewitterte es oft über dem Berg und man hörte seltsame Geräusche.

Der Hügel zog auch Tiere an, die anderswo vertrieben wurden: Bären, Wölfe, Luchse, Füchse, Edelhirsche. Noch heute findet man im Winter rund um den Hexenberg Spuren seltsamer Tiere im Schnee. Manchmal bekam Rübezahl einen Wutanfall und es flogen Felsen und Hagelkörner durch die Luft. Doch mehr und mehr zog sich Rübezahl in sein unterirdisches Reich zurück, abgeschirmt durch die Mauer von Kopaniec. Noch immer sitzt er da und ärgert sich, dass aus den Brunnen bei Cieplice noch immer heißes Wasser sprudelt.

Als die Hexen immer mehr gejagt und sogar verbrannt wurden verließ Aga das Gebiet. Von oben herab wurde verboten, die Geheimnisse der Urnatur zu lehren. Bis ins vorige Jahrhundert zogen viele Menschen heimlich zum Hexenberg, auf der Suche nach den heilenden Pilzen, Kräutern und Brunnenwasser. Mit der Ankunft von Autos, Radio, Fernsehen und schließlich dem Computer war es vorbei mit der Magie des Hexenbergs. Es entstand eine neuer Asphaltweg und die Menschen fuhren schnell vorbei, ohne zu wissen, dass es der Hexenberg war. Sie lasen lieber Harry Potter als sich in ihrer eigenen Gegend auf die Suche nach der Magie zu machen. Die alten Geschichten waren vergessen, bis wir den Sagenbrunnen fanden. Um sie zu zeigen und zu erzählen haben wir die Sagenhalle im Isergebirge gebaut.

Wir betrachten die Sagen und Legenden als einen Führer und eine Schatzkarte, wodurch die Geschichten am Leben erhalten werden. Am Sabbatabend gehen wir zum Hexenberg. Beim Kreis (dem Eingang zum Tunnel) hören wir sehr leise das Gesumme von Rübezahl, der darauf wartet, dass der Tunnel geöffnet wird. Und wir hören den Gesang von Aga, die nach Rübezahl verlangt und ihn mit ihrer wunderschönen Stimme lockt. Wir singen und summen mit, in einem Versuch die Erde zu öffnen. Nach all den Jahren können wir Rübezahl helfen sich aus seinem unterirdischen Reich zu befreien und können wir seine Zauberkraft benutzen, um die Natur zu beschützen und den Menschen glücklicher zu machen.

Die Isergebirger Laborantenschule für Hexen und Zauberer
nach der Anleitung von Aga

Das alte Sagen- und Legendenbuch ist nicht nur ein Geschichtenbuch, sondern auch eine Art Anleitung für Menschen, die die Kräfte der Natur wieder beschwören und benutzen möchten, die also Hexe oder Zauberer werden möchten. Nicht wie Harry Potter, das ist alles (englische) Fantasie, sondern hier passiert es wirklich. In unserem Buch steht, wie man lernt, der Natur zu lauschen, welche Bäume, Pflanzen und Steine gefährlich oder heilend sind und wie man Geister beschwört und hervorruft. Man lernt Zaubertränke zu brauen und magische Amulette zu bauen. In diesem Buch findet man Zeichnungen von magische Steinringen, Pentagrammen und Hexenringen. Seriöse Liebhaber können nächsten Sommer jede Woche bei der Sagenhalle und auf dem Hexenberg die Vorschriften aus der Anleitung befolgen. Es wird vorallem erwartet, dass Kinder das tun wollen, denn Kinder träumen viel mehr als Erwachsene. Viele Erwachsene sind so "gescheit" geworden, dass sie ihre Träume immer sofort vergessen und sich über den Glaube an Geister lustig machen.

Laut den Vorschriften aus der Anleitung muss man, um in den Kreis der Hexen und Zauberer aufgenommen zu werden, erst einige Prüfungen bestehen. Erst wenn man alle Prüfungen bestanden hat wird man aufgenommen und erhält man ein Amulett (mit einem magischen Stein), eine geheimen Namen und einen eigenen Zauberspruch. Der Stein ist ein Amulett mit Zauberkraft, dass man mit nach Hause nehmen darf. Man darf nicht vergessen, dass man regelmäßig seiner Zauberkraft erneuern muss und dafür zum Hexenberg zurückkehren muss. Man verliert die Zauberkraft, wenn probiert, sie für dunkle Magie zu benutzen. Dafür kann man damit viel schwarze Magie unschädlich machen. Man wird merken, dass der Stein viel Glück bringt.


Um das Amulett, den geheimen Namen und den Zauberspruch zu verdienen muss man erst einmal fünf Aufträge erfüllen, wobei man die Geister der fünf Elemente im Isergebirge aufsuchen muss. Der Auftrag lautet fünf Arbeiten anzufertigen. Man darf selbst entscheiden, was für ein Objekt man machen möchte: Eine Geschichte, eine Zeichnung oder ein Kunstwerk.
Für die Arbeiten muss folgende Elementargeister aufsuchen und beschreiben:
1. Der Geist des Feuers (Sonne, Blitze, Lagerfeuer)
2. Der Geist der Steine und Kristalle (Felsten, Berge, Mineralien)
3. Der Geist der Luft und der Winde
4. Der Geist des Wassers (Brunnen, Quellen und Flüße)
5. Der Geist der Natur (Tiere, Kräuter und Pflanzen)

In jeder Sabbatnacht (die Nacht von Freitag auf Samstag) ziehen wir auf den Hexenberg om die Arbeiten an Rübezahl anzubieten und dem Gesang von Aga und dem Gesumme von Rübezahl zu lauschen. Wenn man Glück hat (z.B. bei Voll- oder Neumond) erscheint Aga als weißer Falter. Man bekommt sein Amulett, seinen geheimen Namen und seinen Zauberspruch beim Hexenring oben auf dem Berg, aber nur wenn wir von Rübezahl und Aga ein Zeichen bekommen, dass sie damit einverstanden sind...

Peter Spruijt
Übersetzung Florian Hahnfeldt

 

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